Bonmots
Kosmos Beneke
„Wahrlich! es ist oft witziger, ein bonmot zu unterdrücken, als es zu sagen, denn dieser Stimmung gehts am Ende, wie der zweyten Violine; sie begleitet nur, aber sie spielt nie allein.“
(Tagebuch: 02.09.1797)
Ferdinand Beneke schätzte geistreiche und witzige Formulierungen. So findet sich in Benekes Nachlaß eine in den 1790er Jahren von ihm zusammengestellte Sammlung von „Bonmots“, auf die er in seiner Lektüre stieß.
An diese Tradition anknüpfend folgen hier unsere Lieblings-Zitate aus den Beneke-Tagebüchern.
Bonmot des Monats November
„Um die zarteren, geistigen, u. beschaulichen Freuden brachte mich mein sehr arger … Schnupfen!“
(Tagebuch: 1. November 1817)
Noch mehr Bonmots:
„Auch Du, mein Deutschland! O wie mich das im tiefsten Gemüthe verletzt! –“
(Tagebuch: 6. Oktober 1830)
„Fritz hat recht, es giebt keinen unruhigeren Ort als Hamburg, u. nichts ist seltner, als Zeit in dem engen Raume der lebendigen Stadt“
(Tagebuch: 25. September 1823)
„(Diese hübsche, u. für Fremde so reizende Waßer Gegend verliert durch öftere
Wiederholung fast allen Reiz;) eine immer neue Gegend gewähren nur Berge, die etwas verbergen; Gebirg, u. Wald, Das wird nie alt.“
(Tagebuch: 15. August 1819)
„Indem ich dieses (NB. am andren Morgen) niederschreibe, muß ich über die drollige Einrichtung lächeln, wie man sich ein Leiden dadurch wirklich erleichtert, daß man es mit gemüthlicher Weitschweifigkeit beschreibt.“
(Tagebuch: 8. Juli 1819)
„Sage mir Einer nichts vom Geister Reiche, das uns alle umgiebt; was helfen mir die schönsten, niedlichsten Geisterchen, wenn ich sie mit meinen Sinnen nicht gewahr werden kann.“
(Tagebuch: 21. Juni 1819)
„Ueberraschung von einem Gewitter, Hagelschauer, usw. Malerisches Elend der sommerlich gekleideten Frauenzimmer usw.“
(Tagebuch: 13. Mai 1821)
„Leichen bedeuten Glück. Meine Träume waren voll Leichen. Nun denn, Glück auf! –“
(Tagebuch: 13. April 1805)
„Seit vier Wochen bin ich auf Verordnung des Arztes ein PfefferFreßer geworden, u
verschlucke alle Morgen zwölf weiße PfefferKörner; es scheint aber, daß sich bey dieser Kur
Niemand wol befindet –, als das Uebel selbst, denn es bleibt unverändert.“
(Tagebuch: 27. März 1818)
„Adolfs erste GeburtstagsFeyer mit Einem Lichte! Von dem kleinen Burschen läßt sich noch wenig sagen, als daß ihm von der Mutter mäßige Häßlichkeit, u. viel Klugheit, von der Tante viel Schrey= u. Zorn=Talent, von der Wärterin aber ein gutes Gemüth beygelegt wird.“
(Tagebuch: 27. Februar 1820)
„1. NeujahrsFest. (vollst. Wint. m. Schnee u. Frost.) Von „neuen Schuhen“ (meinem
gewöhnlichen NeujahrWitze) ist diesmal nun eben nicht die Rede, da ich noch keinen
RiesenSchuh gefunden, der für meinen linken Fuß, wie er izt im Podagra aufgefahren, groß
genug wäre, ich mich daher jetzt mit guter Embollage behelfe, auch wie Kent in King Lear
die Füße im Blocke habe.“
(Tagebuch: 1. Januar 1829)
„dann biß 4 Uhr in heimlicher Werkstette das WeyhnachtLand angebaut;
nichts wäre mir lieber, als wenn in seiner allerbeßten (der Wutzischen)
Laune Jean Paul mich einmal so arbeiten sähe, mir alles genau an= und ab= sähe,
u. die Geschichte dann beschriebe in einem Extra Blatte;
doch das kann ich ja selbst einmal thun, denn auch Cäsar, u. Friedrich schrieben
ihre eignen Thaten, obwol sie nichts weniger gethan, als Welten bauen“
(Tagebuch: 18. Dezember 1819)
„Abends bey v Axens, wo auch H. Faaß war, der zuweilen als NothSpieler, oder für die
erforderliche Gedanken Ausfuhr als simpler Gegenstand (mit Ohren) dorthin eingeladen wird. – – –“
(Tagebuch: 26. November 1820)
„Der Geist der Zeit geht seinen Gang. Auf die Periode der Freygeister folgte natürlich die der
Runkel Rüben Prediger, –“
(Tagebuch: 10. Oktober 1805)
„Wenn ich erst alle Nachrichten zusammen habe, dann werde ich vernünftig“
(Tagebuch: 17. August 1795)
„Meine Krankheit grade, wie gestern ... Mein schneckenlangsamer Gang mit dem
Riesenschuh ist mir selbst so ausnehmend lächerlich, daß mich auch die gröbsten Schmerzen
nicht abhalten können, während des Gehens zu bonmotisiren.“
(Tagebuch: 30. August 1819)
„Mein Gott! wie verschieden sind doch Deine Kreaturen, die ernsthaften Bestien, wie Tieck sagt, – keine andre Klaße hat doch soviele Varianten, als diese Mischung von Kalk, d. i. Stickstoff, und SauerStoff im WaßerStoff! –“
(Tagebuch: 11. Juli 1804)
„Mittag um 5 Uhr wieder im öden Saale; beständig umrauscht mich hier bey der einsamen Tafel das Final aus Don Juan; ein einzeln Tafelnder von einem andern bedient, hat wirklich etwas Unheimliches an sich (wenn er nicht etwa krank ist.)“
(Tagebuch: 23. Juni 1819)
„... ein Raphaels Gemählde ist etwas mehr, als Farbe, u. ein Färber ist noch kein Maler ...“
(Tagebuch: 21. Mai 1820)
„– Arme Geschichte! die Gegenwart geht vor! –“
(Tagebuch: 20. April 1819)
„Die deutschen Sagen von Grimm gemustert, denn nur mustern, nicht lesen kann man so etwas.“
(Tagebuch: 15. März 1817)
„Der Grundton meines ganzen leiblichen Wesens ist eine noble Allianz von Angst, peinlicher, unaufhörlicher Unruhe, und lieblich dumpfen Kopfweh, bey welchem letztern ich mich damit tröste, daß mir sonach die Dummheit doch noch weh thut, also noch nicht habituell geworden ist“
(Tagebuch: 5. August 1819)
„Wahrhaftig! das neue Jahr beginnt sehr liebenswürdig. Da habe ich nun abermahls nach acht Nächten – eine mit Opium ausgenommen, – die neunte im Bette gelegen, wie ein verdammter Tantalus.“
(Tagebuch: 1. Januar 1802)
„Den halben Tag Lichter gebraucht. –“
(Tagebuch: 28. Dezember 1824)
„– Erst lesen, dann urteilen“
(Tagebuch: 24. November 1819)
„Das vertrackte HypothekenWesen macht mir oft soviel Angst u. Kümmerniß, daß ich fühle,
wie mir der Schreck in die Haarspitzen fährt, u. sie grau färbt“
(Tagebuch: 27. Mai 1830)
„Grazie haben gelehrte Weiber selten; statt deßen viel Pedanterie im Reden; ganz insbesondre ein sorgfältiges Vermeiden jedes malerischen Ausdrucks, ein Streben nach reiner Abstrakzion, was mir an dem Weibe mißfällt.“
(Tagebuch: 09. April 1801)
„Bey der heutigen Hitze wollte mir nichts gelingen; bald wollte ich fahren, es ging nicht; dann arbeiten, – es ging nicht, – dann denken, oder phantasiren, es ging nicht, – zuletzt wollte ich nichts wollen, das allein gelang, u. nur die Stillung eines unauslöschlichen Durstes brachte noch eine Art v. Bewegung in mein passives Leben –„
(Tagebuch: 29. Juli 1830)
„SprachSchnitzer fielen auf dem Theater vor, als wärs in einer Kneipe“
(Tagebuch: 12. Mai 1805)
„Unter den Besuchenden der Rathmann Hinsch aus Bergedorf, der, von HvAxen, u. Frau Westphalen unterstützt, mir die Zusage abnöthigte, ihm etwas aus meinen Papieren, NB. falls ich darin etwas dazu geeignet fände, für seinen Bergedorfischen Musen Almanach! zu geben; man mag nun das Wort Bergedorfisch auf Almanach, oder Musen beziehen, so klingts doch ein wenig unglaublich, obwol der patriotische H. v. Axen, der, wenns nur ginge, selbst OrangenWälder auf der Barnbeker Heyde anlegte, sein lebhaftes Vergnügen daran hatte. Indeß, – weg mit allem vornehmen Naserümpfen; – „auch ich war in Bergedorf!“
(Tagebuch: 10. Mai 1817)
„Was das jetzt für Schreck ist, wenn man aus einem tiefen Schlaf, oder aus süssen Träumen zum würklichen Leben am Morgen aufwacht – Sollten wohl nach diesen trüben Zeiten wieder gute kommen?“
(Tagebuch: 17. April 1794)
„NM. im D. SchauspielHause eine alte Oper von Haydn, Ritter Roland, SpektakelStück, worin sogar ein lebendiges Pferd vorkömmt. Die Musik a la Haydn, d. h. angenehm, darstellend, melodisch, – aber Mozart verwöhnt zu sehr; wo man seine Harmonie, seine überirdische Schwärmerey, u. seine Erhabenheit vermißt, da kommen zuviel Pausen in die Freude. Kein Akteur aber spielte mit soviel täuschender zwangloser Natürlichkeit, als das Pferd, besonders, als ihm Pasquale Heu zu freßen gab.“
(Tagebuch: 22. März 1805)
„Trübseliger Gang a. d. Grasbroock am ElbUfer, auf dem schon vom Thauwaßer überschwemmten Eise tummelten sich noch viele 100 Lustschlitten, u. Kutschen pp Unsinnige Vergnügungssucht!“
(Tagebuch: 2. Februar 1826)
„1. Neujahrsfest. (strenger Winter.) Neues Jahr, enge Schuh“
(Tagebuch: 1. Januar 1821)
„fliehe nur alle rothen Mäntel“
(Fragmente aus meinem Leben. – I. Bruchstück)
„Sonnabend Abend: Göthe´s Divan, – so was kann nur ein Göthe dem Publikum anbieten, und wer es durchlieset, treibt eine Art GöthenDienst (klingt beynahe wie GötzenDienst) mit selbsteigner Aufopferung – Wie man Uebelkeiten durch pikanten Likör vertreibt, so lasen wir darauf etwas von Kotzebue“
(Tagebuch: 27. November 1819)
„Die SegelKunst lehrt, auch den GegenWind mit halber Wand zu nutzen“
(Tagebuch: 30. Oktober 1809)
„Beyspiel leuchtet“
(Tagebuch: 20. September 1825)
„1. Mittwoch. (heiß; Gewitter.) Wieder mein Geburtstag, – seit 1774. der 47.te –“
(Tagebuch: 1. August 1821)
„Alle meine Seufzer reimen sich auf Heiß! Eis!“
(Tagebuch: 20. Juli 1830)
„Gearbeitet ohne viel Störung (denn der Regen schützte vor Besuchen)“
(Tagebuch: 9. Juni 1820)
„Willkommen liebliche Zeit der Hoffnung, u. der ersten Blüthen! mögest Du es werden für die Geschichte der Menschheit, wie Du es zu seyn pflegst für die Annalen der Erde. –“
(Tagebuch: 1. Mai 1809)
„Seit diesem ernsten Winter leide ich zuweilen an unüberwindlichem Trübsinn“
(Tagebuch: 3. April 1826)
„Freilich nicht gut heißt – schlimm.“
(Tagebuch: 24. März 1804)
„Mein seit vorigem Sommer wirklich erheitertes Gemüth leidet wieder merklich dabey – Ich kann mich nicht freuen, – nicht froh werden, ohne traurig zu seyn – Ach! das ist ein schrecklicher Zustand,
obgleich das Wort so milde klingt – Ich nenne ihn den Seelen Schnupfen.“
(Tagebuch: 23. Dezember 1805)
„Wie vor einem Jahr lacht das neue Jahr die Erde an. Gott gebe, daß das die einzige Aehnlichkeit sey, die es mit dem alten habe.“
(Tagebuch: 1. Januar 1808)
„Seitdem ich Dir zuletzt schrieb, ist die Wahl für den Prasidenten zu Gunsten des democratischen Candidaten ausgefallen! Mich ärgerte es, da ich immer gegen die Pöbel Ansichten bin, aber freilich sind in diesem Lande die politischen Verhältniße so verschlungen, daß man eigentlich gar nicht recht weiß, wo die Democraten & wo die Aristocraten denn eigentlich stecken! Z. B. gehören die großen Pflanzer & Sclavenbesitzer des Südens zur s. g. Democratischen Parthei! – Die große Aufregung der Wahlzeit ist längst spurlos vorüber; es ist doch allerdings merkwürdig, daß so etwas ohne Unruhen in einem Lande ohne Polizei und ohne Militair abgehen konnte!! – Alles unpartheiisch erwogen, glaub’ ich doch, daß die Wahl so beßer ist, als wäre der Candidat der andern Parthei gewählt; wenigstens so weit es den Handel betrifft.“
(Alfred Beneke am 31. Dezember 1844 in einem Brief aus New York an seinen Vater Ferdinand Beneke)
„Heute eher schlimmer, als beßer (scheinbar Rückfall.) – Elendes Zumutheseyn! – Geduld übt, macht am Ende stark, doch die Kreatur seufzt noch.“
(Tagebuch: 5. November 1841)
(Tagebuch: 18. Oktober 1819)
„Carolinens Seele hatte heute recht ihren beßten Beaujour, u. ihre Allianz mit der lieblichen Gestalt des Mädchens machte mirs schwer, mich nicht zu verlieben, – was ich nemlich durchaus nicht will, es sey denn nach der Hochzeit dann, u. wann.“
(Tagebuch: 7. September 1806)
„Betrachtungen über das Wetter dieses kühlen, u. naßen Sommers, deßen Hundstage sogar oft Ueberröcke foderten.“
(Tagebuch: 17. August 1815)
(Tagebuch: 17. August 1815)
„Um 5. [...] nach Karolinenhof, wo wir in dem Zustande gekochter Suppenhühner ankamen., indeß dem allenungeachtet gar freundlich, u. holdselig von allen Geliebten empfangen wurden.“
(Tagebuch: 1. Juli 1826)
„Die Leute haben da ordentlich eine Art Verschwörung mit allen zubehörigen Objekten als da sind: Gerechte Sache – Unterdrückung – Despotie – Oligarchen usw.“
(Tagebuch: 11. Juli 1797)
„Rathhaus biß 4. So wie die Cholera näher rückt, gewinnt auch auf dem Rathhause Alles ein neues Ansehen; Maaßregel über Maaßregel, – alles in größester Eile, u. morgen schon wieder abgeändert, denn der Feind ist so neu, wie er unsichtbar ist; ...“
(Tagebuch: 7. September 1831)
„Mein Umgang mit mir selbst hat mich verwöhnt.“
(Tagebuch: 26. September 1801)
„– Spiritualia, u. Eyerkuchen –“
(Tagebuch: 11. Januar 1814)
„... außer m. festen Garnison von Leiden noch DurchmarschEinquartirung rheumatischkatharralischstomachalischer Feinde, – welch’ hübscher Nahmen!“
(Tagebuch: 29. Mai 1825)
„Die beyden Frauenzimmer sind auch nicht ungebildet. Sie lesen Jean Paul, u. verstehen ihn gr. Theils.“
(Tagebuch: 18. Dezember 1799)
„Morgens wie gewöhnlich“
(Tagebuch: 7. Januar 1802)
„– Jetzt giebts zuweilen recht fatale Stimmungen in mir.“
(Tagebuch: 30. März 1818)
„– Kurzum, es war ein Hundstag! –“
(Tagebuch: 2. August 1830)